Holz, Karton oder Plastik? Welche Becher am nachhaltigsten sind

Mit Bier aus dem Einwegholzbecher wollte der Fussballklub Young Boys nachhaltiger sein als mit einem Mehrwegsystem. Kann diese Rechnung aufgehen? Worauf Sie bei Ihrer Entscheidung achten sollten.

Im Wankdorfstadium wurde das Bier kurzzeitig in Holzbechern ausgeschenkt, die ökologischer als Mehrwegbecher sein sollen. (Bild: Arboolom/zvg)

Er hatte nur einen kurzen Auftritt im Wankdorf: der Holzbecher des Berner Start-ups Arboloom. Pünktlich zum Saisonauftakt der Berner Young Boys erhielten Fussballfans Ende Juli in einigen Sektoren das Bier im Einwegbecher aus gehobelten Birkenholz statt wie bisher aus Plastik. Doch wurde das Projekt nach nur einem Spiel wieder auf Eis gelegt. In den sozialen Medien hatten sich Fans über den «hölzernen Nachgeschmack» des Biers beschwert.

Dabei hätte aus Sicht des YB-Geschäftsführers Wanja Greuel die Ökobilanz des Holzbechers in den Fokus rücken sollen. Obschon es sich beim Becher um ein Einwegprodukt handle, sei dieses ökologischer als ein Mehrwegbecher, sagte er mit Verweis auf Studien.

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Tatsächlich ist nachvollziehbar, dass der Holzbecher mit seiner simplen Produktionsweise Vorteile gegenüber herkömmlichen Kartonbechern aufweist. Im Direktvergleich von Mehrweg und Einweg ist aber vor allem eine Frage entscheidend: Wie oft wird das Mehrweggefäss genutzt?

1. Ist Mehrweggeschirr tatsächlich umweltfreundlicher als Einweggeschirr?

In den allermeisten Fällen ist Mehrweggeschirr nachhaltiger als Einweggeschirr – und zwar egal, ob die Einwegvariante aus fossilem Plastik oder aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz oder Palmblättern gemacht ist. Denn auch wenn das Ausgangsmaterial organisch ist, braucht es für dessen Anbau Boden, Wasser, Dünger und Pestizide. Um den Biokunststoff zu formen, bedarf es zusätzlich Energie und Chemikalien.

Indem ein Becher oder eine Lunchbox wiederverwendet wird, können erhebliche Mengen an Materialien, Energie und Wasser eingespart werden. Dasselbe gilt für die Treibhausgasemissionen. Jedoch hängt die Umweltbilanz von Mehrwegsystemen direkt davon ab, wie oft diese genutzt werden.

Mehrwegbehälter sind häufig aus dem erdölbasierten Kunststoff Polypropylen (PP) gemacht. Da sie stabiler gebaut sind und deshalb mehr wiegen als Einwegbehälter, sind die Treibhausgasemissionen für Herstellung und Entsorgung zunächst höher.

2. Wie viel Mal muss ich einen Mehrwegbecher verwenden, bis er umweltfreundlicher als ein Einwegbecher ist?

Als Faustregel gilt: Ein Mehrweggefäss muss mindestens eine zweistellige Umlaufzahl erreichen, damit es besser abschneidet als die Einwegvariante, wie eine WWF-Studie mit Blick auf die deutsche Gastronomie kürzlich feststellte.

Für den konkreten Fall des Bechers stellte eine Studie des deutschen Bundesamts für Umwelt fest, dass ein Mehrwegbecher aus Polypropylen mindestens acht Mal gebracht werden muss, um eine bessere Treibhausgasbilanz aufzuweisen als ein Pappbecher. Im Vergleich zu einem Einwegbecher aus dem Kunststoff Polystyrol seien deren 13 Nutzungen nötig. Werden beim Mehrwegbecher zudem das Spülen und die Logistik berücksichtigt, steigt die benötigte Umlaufzahl laut der Studie auf 25.

3. Wie stark fällt das Spülen von Mehrweggeschirr ins Gewicht?

Generell wird viel mehr Wasser und Energie für die Herstellung von Einweggeschirr verbraucht als für den Abwasch des Mehrweggeschirrs. Bei der Produktion eines Coffee-To-Go-Bechers aus Frischholz werden laut der deutschen Umwelthilfe bis zu zwei Liter Wasser benötigt, um die Papierfasern durch Kochen und Dampfen aus dem Holz zu lösen.

Beim Abwasch gilt: Am effizientesten ist die Reinigung mit einer professionellen Spülmaschine, wie sie in Restaurants oder Kantinen zum Einsatz kommt. Der Geschirrspüler zu Hause ist die nächstbeste Variante. Am schlechtesten schneidet die Handwäsche ab. Wird die Spülmaschine mit Ökostrom betrieben, reichen laut dem deutschen Umweltbundesamt schon 10 anstatt 25 Nutzungen, damit Mehrwegbecher besser abschneiden als Einwegbecher.

Zudem sollten die Wege der Becher zur Abwaschstation möglichst kurz sein, da bei den schwereren Mehrweggefässen die Emissionen für den Transport höher ausfallen als beim Einweggeschirr.

4. Welche Alternativen für Plastik-Einweggeschirr gibt es, und wie sieht deren Umweltbilanz aus?

Einer der beliebtesten Biokunststoffe ist PLA, das aus Stärke von Mais oder Zuckerrohr gewonnen wird. Das Material hat zwar eine vergleichsweise tiefe CO2-Bilanz, doch steht der Anbau der Pflanzen in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass PLA-Geschirr zwar als «biologisch abbaubar» gekennzeichnet ist, sich jedoch nur in industriellen Biogasanlagen zersetzt – nicht aber im hauseigenen Kompost oder in der Natur. Dies fördert das Littering-Problem.

Geschirr aus Papier und Karton erscheint meist umweltfreundlicher, als es ist. Denn anders als bei Holz handelt es sich dabei nicht um ein Naturprodukt; die Herstellung ist ähnlich energieintensiv wie die Stahlproduktion. Um Papier reissfest und fettbeständig zu machen, werden Chemikalien beigemischt und Kunststoffbeschichtungen aufgetragen. Entsprechend kann das Geschirr oft auch nicht im Karton- oder Papierabfall recycelt werden.

Immer öfter stehen auch Gefässe aus Palmblättern, den fasrigen Pflanzenresten von Zuckerrohr (Bagasse) oder Holz zur Auswahl. Diese werden als besonders umweltfreundlich angepriesen, weil damit ein «Abfallprodukt» verwertet werde. Effektiv besteht aber in vielen Fällen schon eine Verwendung für das Material. So dient etwa Zuckerrohr-Bagasse in Brasilien schon lange als Brennstoff und ersetzt dabei fossile Energieträger.

Als Fazit bleibt: Generell ist Mehrweg die bessere Wahl. Für Konsumentinnen und Konsumenten bleibt die Lage aber unübersichtlich, auch weil es kaum verlässliche Labels gibt, die einen fundierten Vergleich erlauben würden. Auf lange Sicht dürften sich Mehrwegsysteme durchsetzen. So will die EU den Anteil an Mehrweglösungen im Take-away bis 2030 auf 10 Prozent erhöhen. In der Schweiz gibt es noch keine Zielsetzung auf nationaler Ebene. Doch erachtet auch der Bundesrat die Verwendung von Einweggeschirr «prinzipiell als unnötig und umweltschädlich», wie er in der Antwort auf einen Vorstoss für eine «abfallfreie Take-away-Gastronomie» festhielt.


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