Für diese zwei Männer sind Messer keine Massenware

Oti Locher und Geri Stutz eröffneten nach ihrer Pension den Messerladen «Lost Knives» in Turgi. Die Freude am archaischen Werken und die persönlichen Kontakte treiben sie an.

erschienen im Badener Tagblatt am 16. April 2021

Bilder: Sandra Ardizzone/CH Media

Wer jemandem ein Messer schenkt, zerschneidet das Band der Freundschaft – so lautet ein altes Sprichwort. Bei Geri Stutz und Oti Locher trifft das Gegenteil zu: In über 40 Jahren Freundschaft schenkten sie sich unzählige Messer. Grosse und kleine mit Klingen in allen Formen. Outdoor-Messer und solche zum Kochen. Einzelanfertigungen, keine Industrieware, versteht sich.

Jetzt sind die beiden Pensionierten noch einen Schritt weitergegangen: Seit zwei Jahren machen sie selbst Messer und verkaufen diese seit Anfang 2021 im eigenen Laden «Lost Knives» in Turgi. «Lost» steht dabei für Locher und Stutz.

Jeder hat ein Messer zu Hause. Doch: «Die meisten Leute haben Küchenmesser, mit denen man gerade Mal sauber ein Stück Butter schneiden kann», sagt Geri Stutz und lacht.

Lieber eine Werkstatt statt ein Ferienhaus

«Schneidegeräte haben mich schon als Kind fasziniert.» Mit der Handwerkerlehre und der langjährigen Tätigkeit als Baumeister hätte er sich zunehmend dafür interessiert, wie sie für verschiedene Zwecke hergestellt und eingesetzt werden.

Stutz sagt: «Messer machen ist eigentlich das Einfachste auf der Welt. Man braucht ein Stück Stahl und Holz für den Griff.» «Messer machen ist eigentlich das Einfachste auf der Welt. Man braucht ein Stück Stahl und Holz für den Griff.»

Statt weiter Messer zu kaufen und mehr übers Kunsthandwerk nachzulesen, entschieden sich Locher und Stutz 2019 für «Learning by Doing» – also Messer selbst herzustellen und sie im eigenen Laden zu verkaufen.

Bei einem Messerschmid in Hessen in Deutschland erlernten sie die nötigen Handgriffe. Tage hätten sie verbracht, um über den Zweck jedes einzelnen Schrittes zu diskutieren. Und: üben, üben, üben.

Im ehemaligen Coiffeurlokal beim Gasthof Killer an der Bahnhofstrasse fanden die Turgemer den perfekten Ort für ihren Messerladen. Gemeinsam investierten sie unzählige Stunden, um das Lokal innen komplett zu sanieren und zur Werkstätte umzubauen. Die Kosten für die Maschinen seien Luxusausgaben, sagt Locher. «Ich habe Kollegen in meinem Alter, die jetzt auf Kreuzfahrt gehen oder sich ein Ferienhaus leisten.» Das brauche er nicht.

Messer schleifen ist wie Meditiation

Die Klinge zuschneiden. Grobschliff. Feinschliff. Härten. Polieren. Den Griff schleifen, bis er perfekt in die Hand passt. Stutz sagt: «Messer machen ist etwas Archaisches. Das passt zu uns.» Stundenlang an der Schleifmaschine zu stehen, sei aber extrem anstrengend.

Mehrere Tage brauchen die frisch gelernten Messermacher, um ein einzelnes Messer herzustellen. «Das machst du nur, wenn etwas Persönliches drin steckt», so Stutz.

Die Schleifarbeit sei für ihn fast wie Meditation, sagt Locher. Den Fokus zu halten, gelinge aber nicht immer. An manchen Tagen stelle er die Maschine gleich wieder ab. Das sei das Schöne: «Wir haben schon genug gearbeitet, wir ‹müssen› gar nichts.» Beim gemeinsamen Espresso über Gott und die Welt zu plaudern, gehöre genauso dazu.

Je nach Technik gibts ein anderes Messer

In der Musterkollektion von «Lost Knives» gibt es verschiedene Modelle: Rüstmesser, ein kleines und ein grosses Küchenmesser sowie Outdoor- und Jägermesser.

Je nach Grösse und Materialien kostet ein Messer zwischen 100 und 350 Franken, etwa gleich viel wie ein Qualitätsmesser im Fachhandel. Im Preis seien nur die Kosten fürs Material und weitere Fixkosten enthalten – plus quartalsweise ein Abendessen in einer guten Beiz.

Die meisten Kunden hätten den Laden im Vorbeigehen entdeckt. Nach ausführlichen Gesprächen würden viele einen Termin für ihr ganz persönliches Messer abmachen. «Jeder braucht das Messer anders», so Locher. «Unsere Kunden schätzen, bei uns ein handgefertigtes, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Messer kaufen zu können.»


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